Nord bei Nordwest – Bild: NDR/ARD Degeto / Sandra Hoever

Nord bei Nordwest – Interview mit Marleen Lohse und Hinnerk Schönemann

„Lona Vogt ist unersetzlich!“ Klare Worte von Hauke Jacobs (gespielt von Hinnerk Schönemann) und zugleich Potential für genügend Zündstoff  in der Beziehung des Polizisten im (fiktiven) Ort Schwanitz an der Ostsee zu seiner neuen Kollegin Hannah Wagner (gespielt von Jana Klinge). Sie ersetzt Lona Vogt (Henny Reents), die in Folge 11 starb. Zugleich komplettiert sie mit ihrer Anwesenheit wieder diese besondere Dreierkonstellation, zu der von Beginn an Tierarzthelferin und mittlerweile angehende Tierärztin Jule Christiansen (Marleen Lohse) zählt.

Zwei Frauen, ein Mann und besondere Kriminalfälle an einem besonderen Ort mit einer eigenen Atmosphäre. In Folge 12 „Der Anschlag“ kommt Hannah Wagner erstmals in Schwanitz (in der ARD-Mediathek) zum Einsatz. Und auch in den Folgen 13 „Conny & Maik“ und 14

„Im Namen des Vaters“ ,Folge 15 ist bereits abgedreht, ein Sendetermin steht noch nicht fest, geht es zum einen um die Beziehung dreier Menschen, die zudem Kriminalfälle zu lösen haben, eben in einer ganz eigenen Art und Weise: humorvoll, sich aneinander reibend und doch wieder aufeinander verlassen müssend.

Ich sprach zunächst mit den beiden „alten“ Hasen Marleen Lohse und Hinnerk Schönemann (beide von Beginn an als Hauptfiguren aktiv) sowie in einem weiteren Blogbeitrag (folgt in Kürze) mit Neuzugang Jana Klinge über die Kriminalfilmreihe in der ARD, die seit 2014 in der Donnerstags-Krimi-Reihe ausgestrahlt wird. 

Marleen Lohse spielt von Beginn an Tierarzthelferin und mittlerweile Tierärztin Jule Christiansen.

Eine Dreierkonstellation birgt ja oftmals die Thematik, dass einer stets zu viel ist. Doch bei Nord bei Nordwest ist sie von Beginn an genau diese Besonderheit, die die Reihe, das Format für mich so interessant macht. 

Marleen Lohse: Ja. Diese Dreierkonstellation ist ein bisschen wie ein Mobile, es muss immer wieder ausbalanciert werden. Zwischendurch kippt es natürlich auch und das Gleichgewicht wird immer wieder getestet, aber das finde ich spannend: sowohl zwischenmenschlich liegt Klirrendes in der Luft als auch in den Kriminalfällen. Und auch meine Figur Jule Christiansen ist nicht mehr nur Tierarzthelferin, sondern inzwischen Ärztin. Dementsprechend begegnet sie Hauke und jetzt Hannah auf Augenhöhe. Ich mag diese Konstellation sehr, sie gibt viele Spielmöglichkeiten. Es ist das Herzstück der Reihe.

Es war in den Folgen mit Henny Reents alias Lona Vogt anfangs nie klar, für wen sich Hauke und ob überhaupt entscheiden wird. Und jetzt, nach deren Reihentod ist ja wieder alles offen!?

Marleen Lohse: Das stimmt, es bleibt immer in der Schwebe und das macht es auch so besonders, hält es spannend. Mal traut sich der eine ein Stückchen weiter vor, dann wird er wieder zurück gestoßen und anders herum. Mal sehen, was noch passiert.

Es sind ja unterschiedliche Regisseure und Drehbuchautoren involviert. Das stelle ich mir spannend vor, aber auch als eine Herausforderung, sich immer wieder neu einstellen zu müssen.

Marleen Lohse: Das ist grundsätzlich Teil unseres Berufes, da wir selten, auch was das Team angeht, in derselben Besetzung arbeiten. Wir haben allerdings bei Nord bei Nordwest den Luxus, dass das Team im Kern bestehen bleibt. Und bei den Regisseuren haben wir auch einen festen Stamm, wie zum Beispiel Nina Wolfrum (Folge 10,12,13 und 15). Da weiß man schon, wie man arbeitet und wie man tickt. Es liegt aber auch eine Chance darin, sich der Figur nochmals neu zu nähern und mit dem jeweiligen Regisseur oder Regisseurin zusammen neue Aspekte der Figur kennenzulernen. 

Wie würden Sie die Reihe einordnen? Es ist ein Krimi klar, aber es ist doch auch zum Schmunzeln. Komödie würde es dennoch nicht treffen. Und gerade durch ihre Rolle der Tierärztin bekommt das Ganze noch eine besondere Note. 

Marleen Lohse: Für mich geht es in die skurrile Richtung, das mag ich gerne. Nicht nur mit Jule, sondern auch mit den ganzen anderen Dorfbewohnern, die immer wieder auftauchen wie etwa Bestatter Töteberg. Das ist eine Art Mikrokosmos. Es gibt nicht nur die Kommissare, sondern es wird eine ganze Welt aufgebaut in diesem fiktiven Ort mit all den verschiedenen Figuren, die mittlerweile viele emotionale Verbindungen haben. Man kann sich auf etwas beziehen. Es hat entfernt etwas von einem Western, einem modernen nordischen Western: man hat einen Dorfsheriff, es gibt das Hotel von Bine Pufal, in dem sich immer wieder alle treffen.

Schwanitz an der Ostsee ist ländlich geprägt, wo jeder jeden kennt, das kann charmant sein, aber mitunter auch nerven. Wie leben Sie persönlich lieber?

Marleen Lohse: Ich bin auf dem Land groß geworden und lebe jetzt in der Stadt, aber ich habe immer noch eine starke Verbindung zum Land und zur Natur. Ich mag beides.

Und was sagt Hinnerk Schönemann?

Diese Dreierkonstellation mit Jule und bis Folge 11 mit Lona und jetzt mit Hannah ist ja schon etwas Besonderes. Wie sehen Sie das, wie wichtig ist diese Kombination?

Hinnerk SchönemannDas war natürlich ein tragende Säule,die es hoffentlich mit Jana Klinge auch wieder sein wird. Eine Säule geriet durch den Abgang von Lona ins Wanken und jetzt muss man sehen wie es angenommen wird. Wir achten schon darauf, dass man beide Figuren nicht vergleichen kann. Jana hat mit der Figur der Hannah etwas Eigenes, etwas Neues bekommen und verkörpert eine eigenständige Person. Wir hoffen, dass die Zuschauer es genauso annehmen wie wir beim Drehen. Wir haben schon vier Folgen zusammen gedreht, das funktioniert sehr gut, auch wenn ihre Figur es anfangs nicht sehr leicht hatte, da ja zumindest meine Figur Hauke sie zunächst abgelehnt hat.

Das ist ja sehr spannend, irgendwie ist diese Hannah wie ein Pendant zu Hauke. Sie hat wie er zu Beginn der Serie ja auch ihre Geheimnisse, die in Folge 13 zu Tage treten. Aber in den „Kampf“ um Hauke mit Jule wird sie wohl nicht eintreten? Gibt es sonst noch Veränderungen?

Hinnerk Schönemann: Das war etwas, (Anmerkung: Die kleinen Flirts zwischen Jule und Lona mit Hauke) was dem Publikum zwar gefallen hat. Aber wir sagten uns immer, dass es wohl nicht so klug wäre, wenn es auserzählt werden würde, sprich: wenn Hauke mit einer der beiden Frauen zusammen kommen würde. Dass es immer so knisterte, war gut. Mit dem Abgang von Henny Reents alias Lona und dem Neuzugang von Jana alias Hannah hat sich diese Dreierkonstellation verändert. Mein Gefühl ist, wenn ich die letzten Drehs reflektiere, dass Hauke und Jule erwachsener miteinander geworden sind. Sie sind nicht mehr so verspielt, sondern Mann und Frau auf Augenhöhe, das gibt auch viel Potential. Das finde ich sehr gut. Und Hauke findet im Moment die neue Kollegin Jana noch nicht wirklich ganz toll. Wir müssen sehen, in welche Richtung das geht. 

Das Stadt-Land-Verhältnis, das fiktive Schwanitz, wo Nord bei Nordwest spielt, ist ja sehr klein und überschaubar. Wo sind Ihre Präferenzen, eher dort, wo man sich schon sehr nah kommt oder dort, wo man auch anonym sein kann?

Hinnerk Schönemann: Ich wohne ja in einem Dorf, das Schwanitz ähnlich ist, mein Dorf ist sogar mit 50 Einwohnern noch kleiner. Hier kennt jeder jeden. Man grüßt sich, hilft sich, lässt den anderen aber auch in Ruhe, das ist sehr angenehm. Auf dem Land ist jedoch das Sozialgefüge immer noch viel größer als in der Stadt, was man ja oft gar nicht wahrhaben will. Auf dem Land sieht und unterhält man sich viel häufiger, lädt sich ein. In der Stadt kann man viel anonymer bleiben. Mir gefällt es auf dem Land viel besser, man braucht aber ein dickes Fell und muss nicht alles so dolle bewerten, was man hört. Wenn man das hat, dann kann man sehr gut auf dem Land leben.

Wie ist der regelmäßige Wechsel der Regisseure für Sie?

Hinnerk Schönemann: Es ist spannend, wenn man jemanden Neuen kennenlernt, man will ja auch offen für neue Regisseure mit neuen Blickwinkeln bleiben. Es kann aber auch schwieriger werden, wenn man sich nicht so gut versteht. Bisher hatten wir das nicht so, es hat bis dato immer gut funktioniert. An sich ist diese Idee toll.

15 Folgen gibt es bereits, das ist doch schön, wenn eine Reihe so lange weitergeführt wird.

Hinnerk Schönemann: Ich habe das Gefühl, dass wir noch viel Luft nach oben haben. Zumal die Geschichten immer wieder so schön schwarz und skurril sind und es einfach Spaß macht, sie umzusetzen. Wir (Schauspieler) werden auch überrascht von den Autoren. Ich kann mir vorstellen, die Reihe noch lange weiterzumachen, da ich immer wieder gefordert werde, auch in meiner Rolle neue Sachen anzubieten. 

Wie würden Sie die Reihe einordnen, es ist zwar primär ein Krimi. Ihre Kollegin Marleen Lohse schuf den Begriff des modernen nordischen Westerns, was meinen Sie? Schmunzelkrimi trifft es ja wohl nicht.

Hinnerk Schönemann: Das ist es wirklich nicht. Wir merken auch jetzt schon, dass diese Reihe etwas ganz Besonderes ist. Ich glaube, wenn wir später zurückblicken, werden wir sie wie einen Goldschatz vor uns hertragen und sagen, das war so toll. Und wir werden uns mit den wärmsten Gefühlen daran zurück erinnern, denn es macht wirklich Spaß. Es ist wie eine Familie, die einem immer wieder neue Fälle bietet, und dann kommen wir zum Drehen und dürfen weitermachen, das ist etwas ganz Tolles.