2017 hatte ich schon einmal das Vergnügen mit Wilsberg sprechen zu können, pardon natürlich mit Leonard Lansink, der den mitunter schrulligen Detektiv verkörpert. Und auch heute noch sind Samstagabende, wenn es nach Münster geht, Pflichtprogramm für mich. Die aktuelle Folge „Aus heiterem Himmel“ greift einmal mehr ein aktuelles Thema auf. Es geht um Drohnen und Mieter und natürlich um den Hauptcast um Wilsberg, Kumpel Ekki, Kommissarin Anna und ihren Kollegen Overbeck.
Sind die Hauptakteure nach wie vor wie eine Familie, daran hat sich auch heute nichts geändert, oder?
Leonard Lansink: Alex gibt es nicht mehr, doch es gibt jemanden anderen in unserem Leben, die das auch ganz prima macht.
Gerade bei Overbeck habe ich allerdings über die letzten Folgen das Gefühl, dass er mittlerweile besser integriert ist und auch nicht mehr abgelehnt dargestellt wird?
Leonard Lansink: Ja, wir haben ihn etwas mehr in unserer Familie aufgenommen. Er ist nicht mehr so verhasst, wir denken, dass er manchmal spinnt, aber doch ganz in Ordnung ist.
Wie steht es um die Beziehung oder eben Nicht-Beziehung von Wilsberg zu Anna? Für mich nach wie vor sehr spannend, man weiß nie, kommen sie zusammen oder kokettieren sie nur damit? Würden Sie sich das irgendwann wünschen, dass es ins Drehbuch geschrieben wird?
Leonard Lansink: Es ist ganz gut so wie es ist, sie will ein bisschen und er hat Angst. Es ist eine gute Lösung. Wenn Sie sich Casablanca vorstellen, dann wäre es ja auch fürchterlich, wenn Ingrid Bergman mit dem falschen Kerl ins Flugzeug gestiegen wäre.
Was fasziniert Sie immer noch an dieser Rolle? Es sind immer noch Geschichten, Situationen, die im realen Leben stattfinden.
Leonard Lansink: Das ist schon schön, wenn man eine lustige Geschichte und einen eigenartigen Krimi erzählt und trotzdem ein wenig von der Realität mit transportiert. Das ist schon die Idee.
In dieser Folge, sind Bauspekulationen, bei denen ganze Stadtviertel verändert werden, das Thema. Mit Münster als Schauplatz haben Sie ja die Möglichkeit dies dennoch ganz charmant darzustellen, obwohl es – wie eben hier einmal mehr – knallharte Themen sind.
Leonard Lansink: Natürlich, das gilt für jede Stadt in Deutschland, für München extrem, für Münster aber auch. Es ist eine kleine Stadt mit vielen Studenten. Und die Preise für Immobilien sind da auf dem Gipfel.
Wilsberg erscheint mir mitunter, oder er tut zumindest so, ein wenig „trottelig“. Er hat schon diese Art, die Menschen bei seinen Recherchen einzulullen.
Leonard Lansink: Er stellt sich dümmer als er ist.
Macht Ihnen das Spaß? Oder haben Sie diese Verhaltensweise Ihrer Rolle sogar kultiviert?
Leonard Lansink: Nein, das hat sich so ergeben. Aber da kommen mir die Drehbuchautoren auch sehr entgegen. Das gehört zur Geschichte, die Dramaturgie ist auch sehr übersichtlich, das Publikum weiß das, was der Detektiv weiß und deswegen muss man die Leute auf diese Weise mitnehmen, sie nicht überfrachten.
Wenn Sie auf Wilsberg gucken, was mögen Sie besonders an ihm, was nicht?
Leonard Lansink: Besonders an ihm mag ich manchmal seinen Gesichtsausdruck, ich selbst gefalle mir allerdings nur sekundenweise. Aber ich mag, dass er ab und an sehr dezent reagiert. Was ich nicht mag, dass er mit meinen körperlichen Unfähigkeiten leben muss. Er kann ja nicht mehr können als ich selbst. Das tut mir immer sehr leid für ihn.
Wobei er ja auch mit Ihnen gereift ist. Haben Sie sich mit Ihrem Wislberg auch entwickelt? Oder sagen sie klar, nein das ist eine Rolle, das ist komplett abgetrennt vom realen Menschen Leonard Lansink. Wenn abgedreht ist, bin ich Ich.
Leonard Lansink: Das trenne ich schon. Aber ich bin nicht gänzlich anders. Ich bin ihm schon sehr ähnlich, aber dennoch verschiedene Charaktere.
Ich gucke es wie erwähnt gerne, können Sie sich den Erfolg von Wilsberg erklären?
Leonard Lansink: So richtig erklären kann ich es auch nicht. Ein guter Versuch ist, wenn man darüber nachdenkt, es ist eine Art Ersatzfamilie. Der gerechte Vater (Wilsberg), die gütige Mutter (Anna) und dann gibt es die zwei relativ ungezogenen Kinder (Alex und Ekki), und es gibt Overbeck, den Cousin, der immer mal dabei ist, der einem auf die Nerven geht, den man allerdings nicht los wird. Daher entwickeln, glaube ich, viele Zuschauer eine Nähe, da sie mit uns eine Ersatzfamilie ins Wohnzimmer bekommen.
Ich denke gerade jetzt werden wir ja verstärkt auf Familie zurückgeworfen. Und diese Familien im TV, in denen sich die Familie wie bei Wilsberg am Ende versöhnlich um den Küchentisch versammeln, auch wenn man sich vorher womöglich die „Köpfe eingeschlagen“ hat.
Leonard Lansink: So geht Freundschaft.
Was ist Ihnen bei Familie und Freundschaft wichtig, womöglich auch der Wechsel zwischen Nähe und Distanz?
Leonard Lansink: Wichtig ist, dass man Leute hat, denen man vertraut, egal, was kommt. Und mit denen es auch im Streit eine Basis gibt, unter die man nicht fällt.
Speziell zu dieser Folge, warum sollen die Zuschauer reingucken (Anmerkung: Privatdetektiv Wilsberg soll der Inhaberin einer Schneiderei helfen, die sich von ihrem Vermieter schikaniert fühlt. Kurz darauf wird ein Geschäftsnachbar vor ihren Augen ermordet.)
Leonard Lansink: Da Christine Sommer als Schauspielerin großartig ist, die Kollegin, die den Immobilienhai spielt, und da es ein interessanter Ausblick in die Welt der Smartphones und der Drogenlieferung per Drohnen ist.
Das Thema Cyberwelt, Social Media und Co. wurde bereits in anderen Folgen von Wilsberg thematisiert. Wie ist das bei Ihnen persönlich, in puncto Gebrauch selbiger?
Leonard Lansink: Ich konsumiere gelegentlich, was auf meinem Handy erscheint, bin aber selbst nicht so mitteilsam. Ich weiß was Instagram, Twitter und Facebook ist, ich selbst schreibe dort nicht viel, da ich keinen missionarischen Eifer habe. Dass solche Themen bei Wilsberg auftauchen, verdanken wir der Weitsichtigkeit unseres Redakteurs. Wir können uns diesem Teil der Wirklichkeit auch nicht verschließen.
Gibt es ein Thema, dass Sie privat als Leonard Lansink, einmal in der Rolle des Wilsberg bearbeiten wollten? Und gibt es Grenzen?
Leonard Lansink: Es geht alles, worüber man noch ein bisschen Humor haben kann. Der Münsteraner Kaplan jedoch, der dem Missbrauch schuldig wird, darüber kann man keinen Wilsberg machen.
Ihnen ist wichtig, dass es am Ende immer diese versöhnliche Komponente von Spaß und Ernsthaftigkeit gibt? Mitunter findet ja durchaus eine Art Galgenhumor statt.
Leonard Lansink: Das ist auch die Absicht, wir laufen ja Samstagabend, es soll schon so sein, wie wir das machen: ein ordentlicher Krimi mit etwas Komik.
Die aktuelle Folge vom 22.5.2021 steht in der ZDF Mediathek.