In „Nord Nord Mord“ spielt Oliver Wnuk seit zehn Jahren den mitunter „trottelig“ daher kommenden  Kommissar Hinnerk Feldmann. In „Sievers und die Stille Nacht“ (am 20.12 im ZDF) allerdings ist sein Part dieses Mal wieder einmal etwas tiefsinniger angelegt. Wnuk, von Anfang an in der Reihe, die auf Sylt spielt dabei, hatte übrigens Regine Lutz als Schauspiel-Lehrerin an der Bayerischen Theaterakademie München. „Sie war im Berliner Ensemble von Bertolt Brecht. Und nicht nur ihretwegen bin ich damals bei meinen Besuchen durch Augsburg flaniert. Ich war dort gerne im Theater und im Brecht-Haus“, erinnert sich Wnuk, der schon im Schultheater Berührung mit Augsburgs großem Sohn Brecht hatte und einst im Gymnasium in Konstanz in „Der gute Mensch von Sezuan“ den Grundstein für seine Schauspiel-Karriere legte. 

Mit Kollegin Meike Droste (eine Neusäßerin) spielt er zudem in den beiden ARD“-Folgen der Reihe „Das Leben ist kein Kindergarten“. Folge zwei „Umzugschaos“ ist noch bis 10. Februar in der ARD-Mediathek und das ganze Interview mit Oliver Wnuk zu „Nord Nord Mord. Hier:

Ich gucke Ihre Reihe regelmäßig mit großem Vergnügen und noch lieber seit ich vor einem Jahr selbst auf Sylt sein konnte, dort wo „Nord Nord Mord“ spielt, und mich diese Insel regelrecht gefangen nahm . Was gefällt Ihnen persönlich an diesem Drehort?

OW: Ich bin sehr gerne in meinem Auto auf Sylt unterwegs, sehe auf mein Navi und sehe eine Straße, rechts und links grün, und rechts und links blau. Also auf beiden Seiten ist Wasser. Für mich als Wahl-Berliner ist das ein schönes Bild und es ist die Ruhe. Wir drehen ja meistens in der Nebensaison, da ist die Insel oft leer. Nach zwölf Jahren, die wir dort schon sind, und wenn man mehrere Wochen und Monate im Jahr dort verbringt, dann ist das schon wie eine zweite Heimat und man kennt gefühlt fast jedes Haus. Ich finde es wahnsinnig schön. Am Anfang mochte ich sie nicht so, und ich fragte mich, warum muss denn jede Bushaltestelle ein Reetdach haben? Aber mittlerweile hat jeder von uns, die wir da seit vielen Jahren arbeiten, sein eigenes Sylt entdeckt.

Zu Ihrer Figur. In den letzten Folgen, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, war ihre Rolle des Kriminaloberkommissars Hinnerk Feldmann in der Dreierkonstellation schon die des „Trotteligen“. Kollegin Ina Behrendsen (Julia Brendler) ist stets die toughe, die ein wenig von oben auf ihn herabblickt. Diese Folge finde ich toll, weil für mich ihre Figur in ein anderes Licht gerückt wird. Er wird ernster genommen. Hat Ihnen das Spaß gemacht, mal eine andere Facette zu zeigen?

OW: Wobei diese Facette schon in früheren Folgen immer wieder zum Vorschein kam. In der letzten Folge mit Robert Atzorn als Theo Clüver hatte ich auch eine ernste Geschichte, da ging es ans Eingemachte. Aber es stimmt, ich finde auch, dass es in den Folgen davor schon um die Komik, die ist immer sehr heikel in der Frage wie sehr dreht man das auf, geht. Bei Nord Nord Mord geht es um Sylt, die drei Kommissare, das Team. Es geht weniger um die Fälle, die hat man in allen Krimis.  Und es geht sehr um Ina und Feldmann und was zwischen den beiden passiert. Da sieht man gerne zu. Und mir persönlich gefällt die Arbeit mit Julia Brendler sehr. Es ist nun schon ein Jahrzehnt, und ich finde es toll, dass man in dieser Zeit miteinander so reift. Tatsächlich gefällt es mir aber auch besser, wenn die Komik sanfter und feiner ist. Wenn es um etwas Tieferes, wie Eifersucht zwischen den beiden geht, dann finde ich es großartig, wenn ich die ein oder andere komödiantische Spitze hineingeben kann. Also immer: Ernst löst Komik ab und umgekehrt. Das ist auch, wenn ich selbst schreibe mein Gradmesser.

In Ihrer Reihe ist auch für mich tatsächlich das Wesentliche nicht der Fall, sondern dieses Zwischenmenschliche. Dieses Mal ist nicht nur das Thema Eifersucht zwischen Ina und Feldmann im Fokus, es geht auch um Veränderung in Beziehungen, die man nicht will, die aber im Leben dazu gehören. Apropos Veränderung. In puncto Berufswunsch war das bei Ihnen nicht der Fall, oder? Erinnern Sie sich noch an „Der gute Mensch von Sezuan“, den sie in der Schule in Konstanz spielten? 

OW: Ja, das war der Beginn. Es war mein zweites Theaterstück überhaupt, bei dem ich auf der Bühne stand, im Mai 1993.

Sie hatten also den Drang auf die Bühne?

OW: Zum Glück, sonst hätte ich Pfarrer werden müssen. Nicht wegen des Glaubens, sondern der Kanzel wegen, und da kam das Theater zur rechten Zeit. 

Was reizt sie heute mehr TV und Film oder das Theater?

OW: Ich habe immer wieder Bühnenauftritte, schreibe ja auch Romane und mache Lesungen. Oder letztes Jahr gab es ein großes Projekt zu Heimat in meiner Heimatstadt Konstanz mit 600 Menschen. Ich komme vom Theater, möchte dort aber nicht mehr hin.

(Anmerkung:  Von 1996 bis 2000 absolvierte er eine Schauspielausbildung an der Bayerischen Theater-Akademie August Everding in München. Nebenher spielte er am Akademietheater München und am Bayerischen Staatsschauspiel.) 

Wie wichtig ist Ihnen Heimat, und ist Sylt für sie nach einem Jahrzehnt dort, auch wie sie bereits sagten, zweite Heimat?

OW: Ich unterscheide zwischen zu Hause und Heimat. Ich finde es immer schön bei anderen Menschen oder wenn ich nach Sylt zurückkehre, ein Zuhause vorzufinden. Heimat als solches, habe ich für mich definiert, ist wahrscheinlich nur eine Illusion, wenn, dann ist es eine Erinnerung an die Kindheit ohne Verantwortung, es ist eben ein Ort, der einen an eine Unbeschwertheit dieser Zeit erinnert. Die eigentliche Heimat kann man nur sich selbst sein.

In der aktuellen Folge geht es aber irgendwie schon um Heimat und zu Hause, ein zu Hause, in dem man mit anderen eben Weihnachten feiern kann. Wie die drei Kommissare es dann tun. Wie wichtig ist Ihnen kurz vor den Fest gefragt Weihnachten?

OW: Ich habe zwei Kinder, da steht Weihnachten schon an oberster Priorität, und man wird angesteckt. Bei mir ist es nicht so wichtig, vor allem, wenn man damit Hoffnungen auf schöne Tage verbindet. Dann sollte man darüber nachdenken, warum man sich das nicht auch für die anderen restlichen Tage im Kalender wünscht.