Marcus Mittermeier, Sie spielen in diesem, finde ich, sehr wichtigen Film (15.11, 20.15 Uhr im ZDF), der einen schon mitnimmt und das Thema Corona und wie es denn begann eindrücklich in Erinnerung ruft, den Musiker und Ehemann Stefan der Konstanzer Oberärztin Dr. Caroline Meltau (Natalia Wörner). Mir sind besonders drei Sätze aufgefallen. Zunächst „Bereitet Euch auf einen Krieg vor“, der fällt, als ein Mediziner aus Strassburg eine Patientin in das deutsche Krankenhaus bringt, in dem ihre Filmfrau arbeitet, und sich mit diesen Worten verabschiedet. Hier wird noch einmal deutlich, was die Pandemie mit uns machte, was sie hervorrief, diese Mischung aus Verharmlosung und ausufernden Zukunftsängsten, die hoch schwappten. Es hatte ab und an in der Wahrnehmung schon diese Anmutung, in einem Krieg zu sein, jedoch in einem gegen einen unbekannten Gegner. Wie geht es Ihnen damit? Was macht, machte er mit Ihnen?
Marcus Mittermeier: Ich weiß nicht, ob ich das Wort Krieg verwenden würde. Ich würde es vielmehr Naturkatastrophe nennen. Und man merkt, so ging es mir 2020, es kommt über einen, man kann es nicht aufhalten. Man kann versuchen, nicht darüber nach zu denken, aber es ist da und wird unser Leben komplett verändern. Und das kann man nun nach anderthalb Jahren sagen, als die Pandemie begonnen hat, zu wirken, wurde unser Leben verändert. Es hat viel Leid, viel Spaltung gebracht und es hat die Gesellschaft und unser Zusammenleben belastet. Es ist eine Katastrophe. Aber was im Film damit ausgedrückt wird, ist, dass wir uns in einer Notsituation befinden. Wir wussten im März 2020 nicht, wie wir damit umgehen sollen, haben in der Familie selbst Masken genäht. Ich war mit Latex-Handschuhen, Kapuze und Maske einkaufen, da man ja nicht wusste wie man sich anstecken kann. Es gibt ja auch diese Szene im Film, in der ich nach Hause komme und mich meine Filmfrau fragt, wo denn das Toilettenpapier sei. Ich zeige ihr dann ein Video, das ich im realen Leben gemacht habe, als ich einen anderen Film in München drehte und diese Situation in einem Supermarkt vorfand. Das sind dann schon Kriegs ähnliche Zustände, die Regale waren leer gekauft, Toilettenpapier, Nudeln, Äpfel, Bananen, alles weg. Dies konnten wir uns alle nicht vorstellen.
Gut ist im Film jedoch, dass dennoch positive Momente gezeigt werden, gerade über Ihre Rolle des Vaters. Nach der anfänglichen Lähmung sieht man hier eine Kreativität entstehen. Nicht nur, dass er mit seinen Kollegen über Zoom weiter übt, obwohl reihenweise Konzerte abgesagt werden, sondern auch, als eine Musikschülerin den Unterricht cancelt, dass er nach Lösungen sucht. Obwohl diese natürlich nie das Übliche äersetzen können.
Marcus Mittermeier: Gerade die Menschen, die mit Publikum, die ihn der Bewirtungs- und Unterhaltungsbranche arbeiten, hatten von heute auf morgen keine Arbeitsgrundlage mehr. Doch du kannst das, was du vorher gemacht hast, nicht plötzlich online machen. Es ist einfach nicht das Selbe, man kann es machen, damit einem nicht langweilig wird, aber es ist komplett anders.
Ein weiterer Satz, eine Frage im Film hat mich angesprochen: „Was wird von Corona bleiben, Solidarität und Hilfsbereitschaft oder Angst und Wut?
Marcus Mittermeier: Das gibt es zwei Möglichkeiten. Die pessimistische ist, dass wir merken, dass wir eine Gesellschaft vorfinden, in der sehr stark einerseits eine Überforderung und Ablehnung von Änderungen und andererseits Krisengewinner zu verzeichnen sind. Die optimistische wäre zu sagen, wir können eine Krise meistern, sind schnell in der Lage, einen Impfstoff hervor zu bringen. Zudem können wir als Gesellschaft viel verändern, wenn wir wollen und es schaffen, dass möglichst viele mitmachen. Dazu müssen wir in der Lage sein, soziale Härten abzufedern, denn die Schwachen sind immer die am stärksten Betroffenen. Der Optimismus ist dann die wichtige Herangehensweis, gerade wenn man sieht, was zusätzlich noch an Klimaproblematik zu überwinden sein wird. Auch hier werden wir schnell Lösungen benötigen und werden Menschen überzeugen müssen, die die Notwendigkeit nicht sehen.
Eine dritte beeindruckende Aussage ist „Weißt Du auch, was uns allen am meisten fehlen wird? Die Nähe!“
Marcus Mittermeier: Wir haben schon gemerkt, dass Menschen mit einer intakten Familie, weitaus weniger betroffen waren als solche, die allein im Altersheim oder als Single in der Einzimmer-Wohnung ohne die Möglichkeit für einen Kino- oder Barbesuch saßen. Für diese Personen wurde das Thema der fehlenden Nähe schon ein sehr problematisches. Wr haben stattdessen in der Familie zu viert mit den Kindern eine weitere Qualität des Lebens entdeckt, die man vorher nicht so gesehen hat. Etwa wie toll es auch sein kann, sich wieder auf sich und weniger auf den Stress des Alltags konzentrieren zu können. Wie toll der Familienalltag sein kann. Das zeigt auch der Film sehr schön.
Aber dann kam ja doch schon wieder eine Sehnsucht nach Öffnung und Begegnungen mit anderen? Und letztendlich die Aufgabe beides in Einklang zu bringen.
Marcus Mittermeier: Ich glaube auch, es ist wie immer, jeder geht unterschiedlich damit um. Es ist anders, wenn man 25 ist oder im Alter meines Jüngsten, dem die Abifahrt gestrichen wurde, und bei dem ein Nachholbedarf besteht. Andere wiederum, wie ich in meinem Alter, brauchen die Hektik geschweige denn den Kneipenbesucht nicht zwingend. Tatsächlich, was ich glaube und hoffe, dass wir wieder Nähe zulassen, zueinander finden. Und uns gesellschaftlich austauschen und nicht nur von zu Hause über Facebook oder andere soziale Medien Kontakt haben, sondern sich gegenüber treten, diskutieren und andere Lebenswahrheiten ansehen und respektieren…Wir brauchen uns, die Zuneigung, die körperliche Nähe genauso wie die seelische. Wir tun und nichts Gutes, wenn wir das dauerhaft unterbinden. Wir brauchen die Wärme in der Gesellschaft, vor allem für die nächsten Krisen, die kommen werden.