Moritz Aschbach (Marcus Mittermeier) sucht an Heilig Abend seine Familie, um diese zu überraschen. Bild ZDF

ALLE NADELN AN DER TANNE – Eine besondere Weihnachtskomödie im ZDF

Die Weihnachtszeit ist die Zeit der Familie, in diesem Jahr noch mehr denn je. Doch gerade in diesen Tagen kommen viele Dinge und unausgesprochene Verletzungen zutage wie kaum an anderen Tagen im Jahr. So mancher Film im TV beschreibt diese Situationen in Komödien oder Tragödien. In diesem Jahr kommt allerdings ein ganz besonderer Streifen im ZDF, der auf eine eigene anrührende Weise zeigt, wie viel Potential aber gerade darin stecken kann, aus Konflikten zu lernen und das Beste draus zu machen.

Herr Mittermeier waren Sie mit der Erkrankung, dem Schädel Hirn Trauma vor den Dreharbeiten schon einmal konfrontiert? Und wie haben Sie sich vorbereitet?

Nein, ich war damit überhaupt nicht konfrontiert, im Gegenteil, es war so, dass ich das Drehbuch erst einmal verwirrend fand. Wenn man es liest, stellt man fest, dass sich diese Schädigungen, die meine Rolle Moritz durch den Unfall erfahren hat, so vielfältig im Film äußern. Es geht ja eher harmlos los und endet aber sehr dramatisch. Ich dachte mir, dass ist doch ein bisschen übertrieben. Ich habe mich dann mit Ärzten unterhalten, die mir sehr genau erklärten, dass das Drehbuch erstens medizinisch sehr gut recherchiert ist und zweitens, dass es genauso ablaufen kann, aber eben auch genau anders. Das Gehirn ist ein so unglaublich komplexes Organ, über das man so wenig weiß…Ich habe mich lange mit Ärzten, Psychologen auseinandergesetzt, um einzuordnen, was passiert mit dem Betroffenen, was fühlt er, was denkt er, welche Ängste hat er…das war sehr interessant und von der Vorbereitung her einer der aufwändigsten Filme, die ich bisher gemacht habe.

Ein Satz ihrer Figur Moritz ziemlich am Ende lautet „Es ist Weihnachten, macht was draus!“ Das hat schon etwas gnadenlos Ehrliches, zumal er hier unterm Weihnachtsbaum die Affäre seiner Schwester outet.

Das ist einer der zentralen Sätze in diesem Film. Für mich ist Moritz ja eine Erlöserfigur. Er kommt in diese Familie und sorgt dafür, dass diese scheinbaren Probleme, die eine Familie hat, angesichts seiner Thematik verblasen. Deswegen ist dieser Appell „Macht was draus“ eigentlich an den Zuschauer gedacht, mit dem Hinweis: Leute genießt jeden Tag, an dem ihr gesund seid. 

Moritz löst hier regelrecht Knoten, wir haben in Augsburg ja das Bild der Knotenlöserin in einer Kirche, die oft in schwierigen Situationen aufgesucht wird. 

Dieses Bild kenne ich nicht. Wir leben ja in einer Zeit, in der das Christliche zurückgedrängt ist, uns fehlt das Spirituelle. Ich glaube aber, dass Menschen die sich stark mit der christlichen Spiritualität beschäftigen, dass diese über einen starken Glauben und die Zwiesprache mit Gott oder Maria im Katholischen ihre Probleme abarbeiten. Daher verstehe ich das Knotenlöserbild total. Um auf den Film zurückzukommen. Für mich ist das Entscheidende, dass Moritz sich nicht den Raum nimmt, um selbst der Mittelpunkt zu sein, sondern er ist jemand, der den Menschen hilft. Das ist auch das Interessante, dass man eine Komödie nimmt, die scheinbar oberflächlich daher kommt, aber mit diesem wahnsinnigen Schicksal, dieser Krankheit die andere heilt. 

Es ist schon eine andere Art von Weihnachtskomödie! Auch gerade jetzt doch ein Impuls, aus der Situation, die nun mal so ist, etwas zu machen. 

Es ist schon ein schwieriges Thema derzeit, da viele sehr unter der momentanen Situation leiden. Daher finde ich es schon vermessen, Leuten, denen im Moment die Lebensgrundlage entzogen wurde, zu sagen, Du jetzt mach doch mal was anderes. Als ob sich jeder mal kurz neu erfinden könnte. Grundsätzlich ist meine Erfahrung…das Leben ist eine mysteriöse Sache, von dem man nicht weiß, wie es einen leitet. Das zeigt sich wiederum sehr gut in der Figur Moritz, der jahrelang als Fotograf erfolgreich arbeitet und plötzlich ist sein Leben ein anderes. Eines, in dem er alleine gar nicht mehr lebensfähig ist. Wir alle sind durch die letzten Jahre verwöhnt, in denen es uns allen sehr, sehr gut ging, außer man hatte persönliche Schicksalsschläge. Aber man konnte sich darauf verlassen, dass es in irgendeiner Weise so weitergeht. Und das ist nun nicht mehr…Man muss mit den Überraschungen des Lebens und des Schicksals ständig rechnen, auch wenn man gut daran tut, das nicht ständig im Kopf zu haben. 

Was man im Film aber auch sieht, es geht doch beides: was draus machen und dennoch nicht alles über den Haufen zu werfen. Ein weiterer Kernsatz für mich von Moritz an Maria: Mutig ist es, zu bleiben. 

Ja klar, unbedingt. Wenn man Moritz ansieht, der eben seine Liebe verließ…und wir merken doch jetzt, die Familie ist schon etwas Tolles, Stabiles, die Halt geben kann.

Noch eine Frage zum Cast, kannten Sie die Kollegen schon vorher?

Mit Anna Loos spielte ich schon in Helen Dorn, mit Simon Schwarz drehte ich vor Jahren in Schweden einen Film und Bettina Mittendorfer kenne ich schon von Theaterarbeiten aus den 1990ern. 

Zum Inhalt:

Von wegen besinnliche Adventszeit: Als sich Maria (Anna Loos) kurz vor Weihnachten unerwartet um ihren Bruder Moritz (Marcus Mittermeier) kümmern muss, ist es mit der Ruhe vorbei. Denn Moritz hat unkontrollierbare Gefühlsausbrüche, die das Familienleben auf eine harte Probe stellen.

Maria wird überrumpelt, als kurz vor Weihnachten ihr jüngerer Bruder Moritz bei ihr einzieht. Moritz ist jahrelang als Fotograf durch die Krisengebiete der Welt gereist und führte ein aufregendes, unstetes Leben. Doch dieses änderte sich radikal, als er bei einem Autounfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma davonträgt, das ihm eine unkontrollierbare Persönlichkeit und ein Psychosyndrom bescherte. Maria ist mit dem veränderten und oftmals extremen Verhalten ihres Bruders schnell überfordert. Gleichwohl spüren die beiden Geschwister eine noch nie dagewesene Verbindung zueinander. Aber Moritz‘ Anwesenheit bringt auch alte Familienkonflikte zutage und lässt diese eskalieren. Doch vor allem lässt sie die Familie wieder ein Stück näher zusammenrücken.